Schwerbehindertenvertreter verlangen Nachbesserungen

Entwurf des Teilhabegesetzes stößt bei der IG Metall Mittelhessen auf Kritik

20.10.2016 | Gießen - Was lange währt, wird endlich gut. Diese alte Volksweisheit stimmt aber nicht in jedem Fall. Die Schwerbehindertenvertreter in der IG Metall aus der Region Mittelhessen verlangen nach eingehender Diskussion in der Geschäftsstelle Gießen deutliche Nachbesserungen am geplanten Teilhabegesetz.

Schwerbehindertenvertreter aus der Region Mittelhessen mit Nils Bolwig, Vorstand der IG Metall (zweiter von links).

Was da so alles geplant ist und wie es vor Ort bewertet wird, diskutierten die gewählten Schwerbehindertenvertreter mit Nils Bolwig, Ressort Arbeitsgestaltung und Gesundheitsschutz beim Vorstand der IG Metall in Frankfurt.

Bolwig stellte zu Anfang seines Vortrages die allgemeine Situation schwerbehinderter Menschen in der Arbeitswelt dar. Nach seiner Darstellung müsse die Arbeitswelt barrierefrei gestaltet werden. Schwerbehinderte litten nach wie vor unter Arbeitsmarkt-Barrieren. Und die seien hoch und hätten viele Facetten. Für schwerbehinderte Menschen sei das Risiko arbeitslos zu bleiben oder zu werden, besonders hoch. So seien 2/3 der schwerbehinderten Arbeitslosen auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen.

Die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre benachteilige schwerbehinderte Menschen besonders, so Bolwig weiter. Nur 22,4 Prozent aller Kündigungsschutzverfahren endeten im Erhalt des Arbeitsplatzes. Der deutschen Wirtschaft stellte Nils Bolwig ein schlechtes Zeugnis aus. Die Beschäftigungspflichtquote für schwerbehinderte Menschen werde angesichts der Realität in den Betrieben zur Farce. 26 Prozent oder 39.101 aller Betriebe in Deutschland beschäftigten gar keine schwerbehinderten Menschen. Sie zahlten lieber die Ausgleichsabgabe, was beweise, dass diese von 125 bis 320 Euro zu niedrig sei.

Aus all dem ergäben sich Anforderungen an den Entwurf des Teilhabegesetzes, das am 1.1.2017 in Kraft treten solle. So müsse die Freistellung von Schwerbehindertenvertretungen vereinfacht werden. Der Qualifizierungsanspruch müsse für alle SBV‘en im Gesetz verankert werden. Die Anhörungsrechte der SBV’en müssten verbindlich gestärkt werden. Bolwig verlangte die gesetzliche Verankerung des Grundsatzes: Behinderung dürfe nicht arm machen. Und letztendlich verlangte er die Erhöhung der Ausgleichsabgabe. Es könne nicht länger hingenommen werden, dass sich die Betriebe so einfach und billig von der Verpflichtung freikaufen könnten, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.

In der von Sachkenntnis geprägten Diskussion machten die Schwerbehindertenvertreter deutlich, dass man sich als Metaller in guter Gesellschaft bei der Forderung der Nachbesserung des Bundesteilhabegesetzes befinde. Selbst der Bundesrat habe um Nachbesserungen verbindlicher Beteiligungsrechte für Schwerbehindertenvertretungen im September gebeten.

Wie sage man so schön: Das geplante Gesetz ginge zwar in die richtige Richtung, es seien aber noch Nachbesserungen notwendig, so Nils Bolwig abschließend. Dem schlossen sich ausnahmslos alle anwesenden Schwerbehindertenvertreter an.

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